Filmemacher, Interview

Erfolge, Flops, Fantasmagorien …

Christoph Böll, geboren am 2. September 1949 in Köln, studierte an der Ruhr-Universität Bochum Deutsch und Geschichte. Nach kurzer Zeit trat er in den Studienkreis Film der RUB ein, wodurch sein Interesse an praktischer Filmarbeit stetig wuchs und schließlich zum zentralen Schaffen seines Lebens wird. Es entstehen 25 Super-8-Film-Produktionen, die auf internationalen Filmfestivals in New York, Paris, Köln und Bochum laufen.

Im Interview berichtet der Filmemacher über seine lebensprägende Leidenschaft zum bewegten Bild – Erfolge, Flops und Fantasmagorien inklusive …

Lieber Christoph Böll, wie entscheidet man, dass man Filmemacher werden will?

Das kann ich nicht genau sagen. Die Filmarbeit wurde für mich während des Studiums immer wichtiger. Deshalb entschloss ich mich 1977, beruflich als Regisseur zu arbeiten und das Studium aufzugeben. Die ersten drei Jahre als freier Regisseur habe ich mich vollständig dem Drehbuch schreiben, der experimentellen Filmarbeit und der intensiven Auseinandersetzung mit dem Filmschnitt gewidmet.

Was war dein erstes größeres Werk?

In enger Zusammenarbeit mit Wieland Samolak ist das Drehbuch zu meinem ersten Kinofilm „DER SPRINTER“ entstanden, der 1983 produziert wurde. Mein Regiedebut gewann auf dem Komödien-Filmfestival in Vevey als erster deutscher Film den „Großen Preis“.

Der Film hat ja heute wirklich Kultstatus …

Ja, obwohl er damals im Kino nicht den Erfolg erzielt hat, wie wir es uns gewünscht hatten. Er wurde aber in fast allen Dritten Programmen der ARD über 20 Jahre lang regelmäßig wiederholt. „DER SPRINTER“ wurde außerdem auf Festivals in Saarbrücken, San Francisco, Los Angeles und Kalkutta präsentiert.

Du hast noch mehr Produktionen für das TV gemacht. 

Ja, in den Jahren 1986 und 1987 habe ich an zwei ZDF-Produktionen in der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ gearbeitet. Es sind Filme über meine alte Heimat Köln „… un sinn d’r Dom so für mir stonn“ und über meine neue Heimat „Von einem, der auszog … in’s Ruhrgebiet“ entstanden.

1990 hast du ein Spielfilmprojekt umgesetzt – da liest sich die Besetzungsliste wie das „Who is who“ des „neuen deutschen absurden“ Films: Cleo Kretschmer, Wichard von Roell, Volker Prechtl …

Oh!! „SISI und der Kaiserkuss!“ Nicht nur große deutsche Schauspieler waren dabei. Auch Stars des französischen Films: Jean Poiret, der unter anderem das Drehbuch zu „Ein Käfig voller Narren“ geschrieben hat, und Bernadette Lafont. Das junge Kaiserpaar wurde von den französischen Schauspielern Vanessa Wagner und Nils Tavernier gespielt. Auch Sonja Kirchberger und Josef Ostendorf waren dabei. Wir haben dann noch eine grandios Welturaufführung auf der Berlinale 1992 gefeiert …

Und dann?

… ist der Film im Kino gefloppt. Ich verstehe nicht, warum. Nach wie vor halte ich sowohl den Stoff als auch die Umsetzung (Böll grinst verschmitzt) für ziemlich genial. Leider waren mit diesem – kommerziell gesehen – Misserfolg meine finanziellen Mittel für weitere Spielfilm-Produktionen mehr als erschöpft.

Wie hast du danach dein Geld in der Filmbranche verdient?

Als Autor – ich habe zum Beispiel Moderationstexte für Ulla Kock am Brink für die 100.000-Mark-Show geschrieben. Auch Drehbücher für die WDR-Kinderfilm-Produktion „Käpt’n Blaubär“ sind auf „meinem Mist gewachsen“. 1996 habe ich auch noch einmal ein 35-mm-Filmprojekt verwirklicht: „Der Tag, als die Fische das Aquarium verließen“ mit Ulrich Gebauer, Tatjana Pazstor, Christoph Wackernagel, Karin Neuhäuser und Marco Lorenzini. Die Premiere fand auf den Hofer Filmtagen statt.

Die digitale Filmtechnik lässt dir mehr Raum für freie Projekte. Du kannst experimentieren und filmisch beobachten, ohne teures Material zu verschleißen. Was sind aktuell deine Projekte. Was deine Leidenschaften?

Es gibt so viele Augenblicke, zwischenmenschliche Situationen oder längerfristige Vorgänge, die es lohnt, sie filmisch festzuhalten. Ich lege mich nicht auf eine bestimmte Form oder auf ein Thema fest. Aber die Dokumentation hat in den vergangenen Jahren mein filmisches Werk bestimmt. Ich habe Künstler wie Hänner Schlieker, Christel Lechner oder Jens Thomas porträtiert. Ich habe Ulli Winkelmann begleitet, als er beim „Ultraman“ Weltmeister in seiner Altersklasse wurde. Und ich drehe auch Image-Filme für Unternehmen, wenn mich das Konzept des Kunden überzeugt. So ist die Triologie „Heiße Phase“, „Kalte Phase“, „Verarbeitung“ für  Thyssen Krupp Steel entstanden – Bilder, an denen ich mich immer wieder berauschen kann.

Du bist also offen für Auftragsarbeiten ebenso wie für freie Projekte?

Ja, klar! Ich bin ein neugieriger Mensch! Wenn mich etwas interessiert, dann erforsche ich es am liebsten mit der Kamera.

Lieber Christoph, danke für das Gespräch!