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Der besondere Blick

Meine Parade-Disziplin: die Dokumentation! Ob das Projekt „Sehenden Auges”, eine Hommage an den Künstler Max Imdahl, oder das einfühlsame Porträt der Malerin Milein Cosman, ob die Reportage „Sturmgeschichten” über die verheerenden Auswirkungen des Orkans Ela in Düsseldorf oder die filmische Begleitung von „Ulli Ultraman auf Hawaii 2009” – Betrachter müssen sich auf meinen Erzählstil einlassen. Ich bin Dokumentarfilmer durch und durch, also kein Mann der schnellen Schnitte, Schüsse und Schlüsse.

I Film di films of Filme

Dieser Trailer gewährt einen „schnellen” Blick auf meine Filme …

Requiem für eine Kirche (2018)

Es war ein sehr anstrengender Dreh, das Thema sehr komplex: Ich habe mit der Kamera den Abriss einer Kirche begleitet. Es war laut, sehr staubig und der Abrissbagger hatte eine sehr humor- und gnadenlose Ausstrahlung. Ich war, neben dem Baggerführer und zwei Gehilfen, der einzige, der das Kirchengelände betreten durfte. Da ich mit zwei Kameras filmte, musste ich öfters an einem Drehtag durch den schwer begehbaren Bauschutt kraxeln.

Ein Dorf – mitten in der Stadt (2016)

Mitten in Bochum, fünf Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt, ist ein integratives Wohnprojekt entstanden: Die Claudius Höfe. Der Trailer gibt einen kurzen Einblick in den gut einstündigen Film

Viva Bologna (2018)

Eine Hommage an eine wunderschöne Stadt mit Musik von Dream Control.

PROJEKT MAX IMDAHL: A TRIBUTE TO MAX IMDAHL

Hauptfilm: Sehenden Auges (2012)

Länge: 110 Minuten

Ein Filmprojekt über Prof. Max Imdahl, den legendären Kunsthistoriker der Ruhr-Universität Bochum. An diesem Filmprojekt habe ich über fünf Jahre gearbeitet. In dem Film „Sehenden Auges“ erinnern sich Freunde, Schüler und Kollegen an die für alle Beteiligten sehr bewegte Zeit, als Max Imdahl den an deutschen Hochschulen ersten Lehrstuhl für Moderne Kunst aufbaute. Der Film zeigt auch eindrucksvolle szenische Bilder der Museumsanlage „Situation Kunst“ (für Max Imdahl) und der Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum. Sie vermitteln einen Einblick in Imdahls besondere Denkweise und seinen außergewöhnlichen Zugang zur modernen Kunst.

Film komplett anschauen:

Trailer anschauen:

Jedes gute Bild ist eine Antwort

von Irmgard Bernriede

„Man hatte immer den Eindruck, Imdahl gehe es nicht um den jeweils beschriebenen Künstler oder das jeweils behandelte Bild, sondern um das im Kunstwerk Ansichtige, um das Grundsätzliche und letztlich nicht Formulierbare, das Andere und Metaphysische, auf das Menschen angewiesen sind, ganz gleich, ob es sich um kunsthistorische Akademiker, um Künstler, Kunstfreunde oder auch die Arbeiter der Bayer AG in Leverkusen handelte.“ [Dieter Honisch, zum Tode Max Imdahls, in der ZEIT vom 21. Oktober 1988]

Max Imdahl als Künstler, charismatischer Partisan der Kunstwissenschaft und begnadeter Lehrer faszinierte Christoph Böll von Anfang an. Er wollte dem Geheimnis dieses Menschen auf die Spur kommen, aber immer kam etwas dazwischen. So war Max Imdahl schon fast 20 Jahre tot, als Böll anfing, dessen Hinterlassenschaften aus der Position des Unwissenden heraus zu befragen. Vorsichtig umkreist er mit seiner Kamera Orte und Menschen, die von Imdahl erzählen. Es wurde eine Langzeitbeobachtung (Drehbeginn: 2006), und Böll, der Filmkünstler, ließ sich Zeit dafür und kam selbst weiter, so wie die Fäden der Sanduhr von Günther Uecker in der von Imdahl gegründeten und aufgebauten Kunstsammlung der Ruhr-Universität Bochum. Im Kreis.

SANDUHR, einer der Satellitenfilme zur dokumentarischen Hommage SEHENDEN AUGES, ist diesem Kunstwerk gewidmet.

Ein anderer befasst sich mit dem Entstehen der Situation Kunst im Park von Weitmar. Wie dort auf historischem Boden Architektur, Kunst und Natur sich zueinander verhalten, behandelt GÄRTNER DER KUNST, ein dritter Film-Ableger, in dem der Gärtner Peter Schmidt als die vierte Größe Mensch berührend in Erscheinung tritt.

In seinem eigenen, immer genauer und dichter werdenden Strom von Bildern und Klängen versucht der Filmemacher, Imdahls Methode der schichtenweisen Annäherung an den Kern eines Kunstwerks – etwa im Rahmen einer seiner legendären Vorlesungen – nachzuvollziehen.

Eine Serie von Interviews zieht sich wie ein roter Faden durch die filmische Hommage. Einstige Kollegen, Assistenten und Studenten geben Zeugnis von dem besonderen Menschen Max Imdahl. Die Liste liest sich wie ein Who is Who der NRW-Museumslandschaft und der gegenwärtigen Kunstwissenschaft. Der Film lässt sich nicht in eine Schublade stecken, ist dokumentarisch und gleichzeitig überaus subjektiv, analytisch und emotional, echt Böll eben.

„Die Frage, ob etwas Kunst ist oder nicht, ist prinzipiell total sekundär. Primär ist die Frage, ob es mich betrifft oder nicht betrifft“, stellte Max Imdahl einmal fest und nahm den Vorwurf der Beliebigkeit in Kauf, weil er einfach wusste, dass jedes gute Bild eine Antwort ist.

SATELLITENFILME ZUM PROJEKT MAX IMDAHL

Im Rahmen meiner Arbeit am Max-Imdahl-Projekt sind verschiedene Satellitenfilme über Wegbegleiter sowie Künstler, mit denen Max Imdahl sich auseinandersetzte oder die von Imdahl beeinflusst wurden, entstanden.

Peter Schmidt – Gärtner der Kunst

Am Morgen des 27. Oktober 2006 traf ich mich mit Peter Schmidt, der die Gartenanlage der „Situation Kunst“ (für Max Imdahl) von Beginn an im Jahr 1975 betreut hatte. Es war eine intensive und zunehmend vertrauensvolle Begegnung mit Gesprächen über das Leben und das Sterben.

Länge: 52 Minuten

 

Günther Uecker: Die Sandmühle

Anne Moll liest Max Imdahl. Den Text „Günther Uecker – Sandmühle 1968“ habe ich dem Band „Erläuterungen zur modernen Kunst – 60 Texte von Max Imdahl, seinen Freunden und Schülern“ entnommen, den Dr. Norbert Kunisch 1990 als den „Gelben Band“ herausgegeben hat.

Länge: 12 Minuten

 

Tanzperformance von Edith Rudorff

Um das Geheimnis der verschiedenen Rauminstalltionen in der „Situation Kunst“ (für Max Imdahl) zu ergründen, bat ich Künstlerinnen und Künstler, die Schwingungen der Räume darzustellen. Mit der Tänzerin Edith Rudorff war ich unter anderem im Raum „Circuit“ von Richard Serra. Edith Rudorff gehörte zum Ensemble von Pina Bausch, mit dem diese das Stück „Kontakthif“ (für Damen und Herren ab 65) inszenierte.

Mitwirkende: Tobias Bülow (Percussion/Flöte), Edith Rudorff (Tanz), Xenia Narati (Saiten)
Länge: 4.43 Minuten

 

Der verinnerlichte Schmerzensmann

Länge: 3:21 Minuten
Gesang: Una Karina Harders, Umberto Giordani

Eine Produktion der Ateliergemeinschaft Bülow_Böll: Für das Bild „Schmerzensmann“ – zu sehen im LWL Landesmuseum Münster –  erhielt Max Imdahl 1949 den „Belvin-Davis-Preis“. Das Gemälde „Christus als Schmerzensmann“ von Lucas Cranach habe ich virtuell neben das Bild von Max Imdahl gehängt, es befindet sich NICHT im LWL Landesmuseum Münster.

 

Hawaii 2009 – Ultraman. Den Horizont erweitern

Ulli Winkelmann, gebürtiger Sprockhöveler und mehrfacher Gewinner des Ultraman (jeweils in seiner Altersklasse), ist ein Paradebeispiel für sportliche Aktivitäten in Sprockhövel.

Sturmgeschichten

Sommer 2015. Fast ein Jahr ist vergangen seit dem verheerenden Orkan „Ela“. In Düsseldorf hat er am 9. Juni 2014 vier Menschenleben gekostet und 30.000 Bäume zerstört oder stark beschädigt. Wie gingen die Menschen mit dem Naturereignis um? Wie hat es ihr Leben oder ihre Einstellungen verändert? Was hat viele bewogen, bei der Bürgeraktion „Neue Bäume für Düsseldorf“ mitzumachen und bisher über 2,5 Millionen Euro zu spenden.

„Hallo Ü-Wagen“ – Carmen Thomas am Terminal in Bochum

Länge: 48 Minuten

Der Film erinnert an die legendäre Radio-Sendung „Hallo-Ü-Wagen“ mit der grandiosen Carmen Thomas. Am 24. Juli 1980 stand der Ü-Wagen (Violetta) am „Terminal“ von Richard Serra mitten in Bochum, und die Bochumer Bürger hatten Gelegenheit, ihrem Frust gegen diese Skulptur freien Lauf zu lassen. Mit wunderbaren Statements von Alexander von Berswordt, Richard Erny und Prof. Dr. Norbert Lammert. Mit freundlicher Genehmigung des WDR/Köln.

PROJEKT HÄNNER SCHLIEKER: HÄNNER SCHLIEKER – MALER

Ich hatte das Glück, den Maler Hänner Schlieker während seiner letzten beiden Lebensjahre filmisch begleiten zu dürfen. Daraus entstand eine zehnteilige Dokumentation über sein Leben und sein Werk.

Film Nr. 1: Wie aus einem Chaos ein Kosmos wird     

Länge: 48 Minuten

Mit Hänner Schlieker in dessen Bilderkammern. Er spricht über die Entwicklung seiner Malerei und den stetigen Prozess der Auseinandersetzung mit sich und seiner Kunst. Bilder, die ihm nicht mehr gefallen zerstört er. Ein radikales, aber herzliches Resümee.

 

Film Nr. 2: Figur der Bewegung       

Länge: 32 Minuten

Ausgangspunkt für Hänner Schliekers Malerei war ein sinnliches Erleben vor der Natur – für mich eine Art Meditation mit offenen Augen. BERND GROWE beschreibt diesen Vorgang in seinem Text „Figur der Bewegung“, in dem er sich mit 6 Radierungen von Hänner Schlieker auseinandersetzt: Es beginnt um uns – bevor es durch uns hindurch geht, um ein Bild zu werden.“ Der Film handelt von Hänner Schliekers Verhältnis zur Natur. Nachdem wir diesen Film fertig am Schneideplatz gesehen hatten war seine spontane Reaktion: „Da ist alles drin. Der Film erzählt meine ganze Malerei.“

 

Film Nr. 3: Irgenwann wird es zum Bild        

Länge: 55 Minuten

Der Kunsthistoriker Dr. Wolfgang Zemter, Direktor des Märkischen Museums Witten, kennt Hänner Schlieker seit fast 40 Jahren. Zemter hat in den 60er Jahren als Student bei Hänner Schlieker im Musischen Zentrum der Ruhr-Universität Bochum Kunst „praktiziert“, ehe er sich der reinen Kunsttheorie zuwandte. In vielen Arbeiten hat er sich mit dem künstlerischen Werk Hänner Schliekers auseinandergesetzt. Wolfgang Zemter – Kenner der Kunstszene – ordnet in einem Gespräch Hänner Schliekers Platz in der deutschen Kunstszene ein. Parallel zu diesem Gespräch habe ich die Entstehung eines Bildes im Januar 2003 montiert.

 

Film Nr. 4: Hänner Schlieker – Maler          

Länge: 58 Minuten

Dieser Film zeichnet die biografischen Stationen Hänner Schliekers nach. Schliekers Frau Gilla erzählt von der gemeinsamen Zeit an der Kunstakademie Hamburg, Tochter Claudia erinnert an den inspirierenden Aufenthalt der Familie in San Pol, Spanien. Dieser Film vermittelt einen lebendigen Eindruck von den Lehr- und Wanderjahren einer jungen Künstlerfamilie. Parallel zu den Interviews sehen wir Hänner Schlieker bei der Arbeit in seinem Atelier im März 2002.

 

Film Nr. 5: Wenn man nicht weiß, wo es lang geht, geht es irgendwo lang.    

Länge: 62 Minuten

Hänner Schlieker offenbart uns die Entwicklung seiner Malerei von den 40er bis in die 70er Jahre. Er erinnert an Schlüsselerlebnisse seiner stilistischen Selbstfindung und an Situationen, in denen verschiedene Bilder, die er in diesem Film vorstellt, entstanden sind.

 

Film Nr. 6: Entstehung eines Bildes I         

Länge: 43 Minuten

Hänner Schlieker in seinem Atelier, März 2002. Eine dreiteilige Dokumentation begleitet das Entstehen eines Bildes.

 

Film Nr. 7: Entstehung eines Bildes II 

Länge: 43 Minuten

Ich hatte die große Ehre, Hänner Schlieker als erster bei der Arbeit beobachten zu dürfen. Drei Bilder habe ich auf diese Weise dokumentiert – von der leeren Leinwand bis zum fertigen Bild. Das Entstehen eines dieser Bilder habe ich in Film Nr. 2 „Figur der Bewegung“ verarbeitet. Hänner Schliekers Entschluss, sich bei der Arbeit im Atelier von mir mit der Kamera beobachten zu lassen und auf diese Weise seine Ateliersgeheimnisse preiszugeben, ist ein Teil seines künstlerischen Vermächtnisses. Ich werde die Intensität dieser gemeinsam erlebten Stunden, in der wir beide mit vollkommener Konzentration und Hingabe arbeiteten, nicht vergessen.

 

Film Nr. 8: Ätzen ist eine heilige Handlung

Länge: 28 Min.

Zwei Wochen habe ich mit Hänner Schlieker in der Radierwerkstatt Kätelhön in Wamel verbracht. All diese Ereignisse, die zum einen Bernd Growe in seinem Text „Figur der Bewegung“ und Wolfgang Zemter in seinem Gespräch über das Entstehen einer Radierung durch Hänner Schlieker beschreiben, konnte ich auf diese Weise ganz nah erleben. Es war ein archaisches Erlebnis, mit welcher Aggressivität Hänner Schlieker die Kupferplatten verletzte. Die fertige Radierung war für mich eine erlösende Versöhnung zwischen dem Künstler und der Kupferplatte. Ein Film, mit fast nur Originalgeräuschen.

 

Film Nr. 9: Eine Reise nach Polen

Länge: 32. Minuten

Als wir uns mit dem polnischen Taxi dem Heimatdorf von Hänner Schlieker nähern, wird dieser immer nervöser. Immer wieder weist er den Fahrer darauf hin, dass dieser die nächste Straße rechts abbiegen muss, erzählt, wie sein Vater mit den Kindern auf eben dieser Straße, die wir befahren, mit dem Schlitten herunter gerodelt ist. Erinnerungen und Anekdoten eines alten Mannes, der sich die Neugierde und Abenteuerlust seiner Kindheit bis ins hohe Alter bewahrt hat.

Film Nr. 10: Bilderrausch

Länge: 41 Minuten

Im Laufe unserer zweijährigen Zusammenarbeit haben wir gemeinsam alle Bilderkammern und Bilderschränke leer geräumt und jedes Bild einzeln gefilmt. Es war meine Entscheidung, die Bilder für mein (Kamera-)Bildformat bildfüllend zu filmen, weil ich davon überzeugt war, dass jeder Quadratzentimeter eines Schlieker-Bildes die Schwingung des ganzen Bildes vermittelt. Hänner Schlieker hatte sich auf diese Vorgehensweise eingelassen und so eine für ihn neue Sichtweise erlebt. Aus dieser gefilmten Bildersammlung habe ich diesen Film montiert. Rythmisch/musikalisch unterlegt mit einer Trommelsession von Tobias Bülow und Karsten Peifer.

Im Spiegel der Bilder

Von Peter Kremski

Zu den großen Persönlichkeiten in Film und Kunst, die Christoph Bölls Weg kreuzten und ihn mit ihrer professionellen Leidenschaft und ihrem außergewöhnlichen Charisma beeindruckten und denen er sicherlich auch einiges zu verdanken hat, gehörten der energetische Kunsthistoriker Max Imdahl (1925-1988), erster Lehrstuhlinhaber am Kunsthistorischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, und der passionierte Filmlehrer Hartmut W. Redottée(1935-2000), legendärer erster Kurator des Filmmuseums Düsseldorf. Niemand aber hatte so einen immensen Einfluss auf ihn wie der informelle Maler Hänner Schlieker (1924-2004), von Max Imdahl als Bereichsleiter für Bildende Kunst im neu gegründeten Musischen Zentrum der Ruhr-Universität nach Bochum lanciert. Alle drei Mentoren leben heute nicht mehr.

Christoph Böll hat Hänner Schlieker zwei Jahre bei der Arbeit als Maler beobachtet und daraus ein Porträt in zehn Teilen gezimmert, insgesamt rund siebeneinhalb Stunden lang. Erstaunlich, wie sich Böll dem Künstler Schlieker als „Gegenstand seiner Betrachtung“ in jedem dieser Teile anders nähert, ihm immer wieder andere Facetten abgewinnt und neue Perspektiven auf ihn eröffnet. Nichts scheint sich zu wiederholen, es sei denn es soll eine Zwischenverbindung aufgezeigt werden. Ein phänomenales, sozusagen umfassendes Künstlerporträt ist entstanden, dass von seiner ganzen Anlage her und auch im Ergebnis vorbildlich ist.

Im Basisfilm des Zyklus lässt er Schlieker seine Arbeit selbst reflektieren und zeigt ihn dabei im Atelier, wie er an seinen Bildern arbeitet. Es geht um Schulung an der Natur und die Abstraktion von Landschaft, um die Verharkung von Formen und die Offenlegung von Strukturen, um das Sehen als Erleben und die Abbildung von Empfindungen, um die Suche nach sich selbst und das Spiegeln in der eigenen Arbeit – und dann noch um das Abenteuer des Experiments bis hin zu Zerstörungen an den eigenen Bildern. Man hat den Eindruck, in den Fragen, die Schlieker sich stellt (oder die Böll ihm gestellt hat), über die er nachdenkt, auf die er antwortet, reflektiert sich Christoph Böll zugleich selbst. Es sind die gleichen Fragen und Themen, die auch ihn beschäftigen. So spiegelt sich der künstlerische Kosmos des einen in dem des anderen. Die morastigen, erdfarbenen Stimmungslandschaften der beiden – beim einen als Filmbild, beim anderen als Gemälde – wechseln in der Montage oder überblenden ineinander.

Im dritten Teil des Zyklus erläutert Wolfgang Zemter, ehemaliger Direktor Märkisches Museum Witten, klug und kenntnisreich Arbeitstechnik und Ästhetik Schliekers aus kunsthistorischer Perspektive. Es geht ums Bilder komponieren und die Welt in Bildausschnitten sehen, um eine Räumlichkeit von Bildern durch irritierende Oberflächen oder durch Überlagerung von vielen Schichten und damit um die Vielschichtigkeit der Bildebenen und um ein räumliches Flächensystem. Schliekers Interesse an der Natur, wird deutlich, gilt den Strukturen, die sich in ihr zeigen. Spannend findet er die Spuren des Wassers im Sand oder die Formung der Dünen durch Windeinwirkung. Holzpfosten im Wasser oder Schwemmholz findet er schön. In diesen Bildern manifestiert sich seine Art, die Welt zu sehen und seine eigenen Stimmungen abzubilden.

Beschrieben wird hier der Weg vom Gegenständlichen zum Informellen. Romantisch ist, heißt es einmal, wenn man gegenstandslos malt, aber gegenständlich fühlt. Romantisch sind beide, Schlieker und Böll, gerade in diesem Sinne. Denn das alles ließe sich in Analogie genauso gut auch über den Filmkünstler Christoph Böll sagen, der selbst auch Maler ist. Böll weiß, dass er sich in seinen eigenen Bildern widerspiegelt. Und in den Bildern, die er von seinem Mentor Schlieker und von dessen Bildern macht, wird er sich möglicherweise auch selbst sehen, gewissermaßen verdoppelt.

Mit diesem ihn porträtierenden Filmzyklus erschafft der Maler mit Hilfe seines filmenden Künstlerfreundes ein letztes vitales Bild von sich. Ein Jahr später sieht sich Böll in der Herzenspflicht zu einem filmessayistischen Nachruf: MIT HÄNNER AN DER RUHR – einer seiner persönlichsten Arbeiten. Bilder nur von Böll diesmal, doch allesamt in erkennbarer Reminiszenz an den alten Freund und Mentor. Strukturbilder, Landschaftsabstraktionen, verharkte Formen, verfremdende Bildausschnitte, Licht- und Farbstimmungen, eine lyrische Bildsprache – der vollendete Schüler (wenn man das sagen darf) beweist hier seine ganze Meisterschaft.


Schon das erste Bild des Films ist von einer poetischen Strahlkraft: eine Wasserfläche über die Dauer von drei Minuten, blau und weiß die Farben, mit wechselnden Lichtstimmungen und sich leicht verschiebenden Spiegelungen, mit bildinterner Bewegung und einem immerfort variierenden Gesamteindruck. In der Gestalt eines permanenten Fliessens erneuert sich das Bild immer wieder von selbst. „Am Ufer eines Flusses sitzen und in der Bewegung des Fließens die Ruhe finden. Eins werden mit der sich ständig verändernden Wasseroberfläche im launischen Wind und dem Wechsel des Lichts.“ Christoph Bölls philosophischer Kommentar, oszillierend zwischen impressionistischer Empfindung und mystischer Natursehnsucht, begleitet die Bilder im ersten Teil des Films.

Es geht hier deutlich um das Spirituelle in der Natur. Die weite Flächigkeit des Wassers ist aufgeladen mit emotionaler Tiefe. Die Symbolik des Wassers erscheint naheliegend und allumfassend als eine Referenz auf das Leben, den Tod, die Ewigkeit, vielleicht aber auch auf eine immerwährende zyklische Erneuerung. „Meine Sinne öffnen, das Rauschen des Wassers wahrnehmen und warten, dass nichts geschieht. Mein Herz öffnet sich, und ich spüre mit tiefer Verbundenheit mit dem, was war und was ist, spüre eine unbändige Neugierde, auf das, was wird.“

Der Effekt des sich im Wasser brechenden Sonnenlichts lässt scheinbar die Flamme einer Kerze aufleuchten: ein Seelenbild, das wie ein fernes visuelles Echo aus Christoph Bölls frühem Schlüsselwerk WIE SCHÖN IST DOCH DER BLICK AUS MEINEM FENSTER herüber scheint. Als Musik dazu: Arvo Pärts melancholisch-versonnenes, auf wenige, sich wiederholende Akkorde reduziertes, 1976 entstandenes Piano-Stück Für Alina, das auch Tom Tykwer 2002 für seinen spirituellen Grenzerfahrungsfilm HEAVEN verwendet hat.

Der Film montiert sich zu einer Flut einander folgender Wasserbilder. Wasser ist in diesem Film die alles bestimmende Grundmetapher. Es ist auch im ganzen filmischen Werk Bölls ein ständig auftauchendes Element und sehr zentrales Motiv seiner Bildpoesie. Von Sinnlichkeit Wasser könnte man in diesem Fall sprechen, denn manchmal hat man auch den Eindruck einer großen Maschine und fühlt sich erinnert an manche Bilder der Stahlproduktion, wie man sie aus Bölls SINNLICHKEIT STAHL kennt, so etwa wenn hier in Überblendungen fallendes Wasser auf ruhendes fällt. In diesem formalen Zusammenspiel von Ruhe und Bewegung formt sich der meditative Charakter von Bölls Film.

Wasser, durchzogen von Holz, schwarzweiß. So beginnt der zweite Teil des Films, eine Art filmischer Brief in direkter Ansprache, adressiert an den verstorbenen Malerfreund. Christoph Böll reflektiert darin über Schlieker und über sich selbst und über seine Beziehung zu Schlieker. Und er macht sich Gedanken über das Verhältnis von Natur und Kunst.

Christoph Böll hat durch Hänner Schlieker gelernt, „in Strukturen zu sehen“ und „mit offenen Augen zu meditieren“, sich in eine Art transzendentalen Zustand zu versetzen, „in diesem Zustand aus realen Dingen die emotionale Essenz aufzunehmen“ und in Filmmalerei umzusetzen. Wunderbar findet er, „wie sich Formen des Mikro- und Makrokosmos ineinander spiegeln“ und wie „der kleinste Ausschnitt der Wirklichkeit die ganze Wirklichkeit enthält“ als „Fingerabdruck der Schöpfung“. „Film ist für mich Poesie“ resümiert er.

Bilder im Wechselspiel von Ruhe und Bewegung, Strukturbilder, Filmbilder wie Gemälde unter dem Einfluss des Informellen, das sind Bilder, wie sie die Filme Christoph Bölls zunehmend geprägt haben. Sein Filmzyklus über den Maler Hänner Schlieker ist auch – wie alle seine Filme – ein Film über sich selbst. Immer wieder blickt man darin auf Filmbilder von Landschaften, die man im ersten Moment für Gemälde hält. Nur durch den Hauch einer Windbewegung lassen sie sich manchmal als Filmbilder identifizieren. Am Schluss seines filmischen In memoriam-Essays MIT HÄNNER AN DER RUHR überblendet Wasser mit toten Zweigen. Zweigwerk, Baumabstraktionen, Holzstrukturen oder auch Muster aus Blüten und Laub, das wiederum ist der andere essentielle motivische Bildbereich im Werk von Christoph Böll, der insbesondere in dem Schliekers Freund Max Imdahl zyklisch zugeordneten Film GÄRTNER DER KUNST zum Tragen kommt.

Milein Cosman (BRD 2014)

Länge: 45 Minuten

1921 in Gotha geboren, ist Milein Cosman in Großbritanien eine bekannte Künstlerin, deren Werke im Besitz bedeutender Museen sind (z.B. British Museum, Victoria and Albert Museum, National Portrait Galery). In Deutschland hingegen ist sie bislang kaum bekannt. In diesem Film erzählt Milein Cosman von ihrer unbeschwerten Jugend in Düsseldorf und ihrer Emigration, zunächst in die Schweiz, dann nach England. Dort studiert sie an der renommierten Stade School of Art, die wegen des Krieges von London nach Oxford evakuiert wurde. Nach Ende des Krieges zieht sie nach Hampstead. Dort trifft sie auf viele deutsche und österreichische Juden, die dort in der Emigration eine neue Heimat gefunden haben. Zu ihrem Freundeskreis zählen Elias Canetti, Erich Fried, John Heartfield oder Marie-Louise von Motesiczky. Der Auftrag, das erste deutsche Bundeskabinett unter Bundeskanzler Konrad Adenauer für eine Londoner Zeitung zu porträtieren, führt sie zurück nach Deutschland. In diesem Zusammenhang trifft sie auch Carlo Schmid (SPD), der ihr die Idee vermitteln will, nach Deutschland zurückzukehren. Doch Milein Cosmann – inzwischen mit dem Musikwissenschaftler Hans Keller verheiratet – entscheidet sich für ein Leben in London.

Ausschnitt anschauen:

Den ganzen Film sehen:

Un sin d’r Dom su vör mir ston … 

Länge: 56 Minuten
Redaktion: Kleines Fernsehspiel, Peter Nadermann | im Auftrag des ZDF

In den Jahren 1986/87 dreht ich zwei Dokumentationen für die Redaktion „Kleines Fernsehspiel“ des ZDF. Zunächst eine über meine Heimatstadt Köln (UN SIN D´R DOM SU VÖR MIR STON…), 1987 folgte der Film „VON EINEM, DER AUSZOG… IN´S RUHRGEBIET“.

Der Titel des Köln-Films ist dem Lied „Heimweh nach Köln“ von Willi Ostermann entnommen. Der Protagonist des Films ist Peter Bömmels, der in den 80er Jahren als Maler zu den „Jungen Wilden“ gehörte. Wir besuchten gemeinsam das altehrwüdige Dreikönigsgymnasium, eine in Köln ansässige humanistische Trutzburg.

Von einem, der auszog … in’s Ruhrgebiet

Länge: 40 Minuten
Redaktion: Kleines Fernsehspiel, Peter Nadermann | im Auftrag des ZDF

1987 lebte ich bereits über 15 Jahre im Ruhrgebiet. Ich hatte die Mentalität der Menschen kennen und schätzen gelernt. Während Köln ein Ort ist, der seine Kraft aus dem eigenen Saft zieht, war und ist das Ruhrgebiet eine riesige vernetzte Fläche. Ich hatte damals noch Gelegenheit, auf dem Gelände der Jahrhunderthalle Aufnahmen einer funktionierenden Stahlindustrie zu machen. Heute findet dort das Kulturspektakel „Triennale“statt. Im Zusammenhang mit meinem Film bekam ich die Gelegenheit, im Bergwerk Walsum (Duisburg) einzufahren.

Wir verbrachten insgesamt drei Schichten unter Tage. Es war ein großes Erlebnis. Zunächst mit 4m/s auf über 900 m in die Erde hineinzubrausen. Unter Tage gab es dann die verschiedensten Fortbewegungsmöglichkeiten: Transportbänder, Loren, kleine Transportschwebebahnen, die an der Decke befestigt waren und Lifte, ähnlich denen in den Skigebieten. Mittlerweile gibt es im Ruhrgebiet nur noch eine Zeche. Aus diesem Grund habe ich in diesem Trailer nur Material verwandt, das wir unter Tage aufgenommen haben.

100 Jahre Wallfahrtskirche St. Marien – 25 Jahre Zisterzienserkloster in Bochum Stiepel

Länge: ???

Fast zwei Jahre habe ich an diesem Filmprojekt gearbeitet und bei Kirchenfesten und Gesprächen sehr viel Material gesammelt. Was den Bau des Zisterzienserklosters in Bochum-Stiepel vor 25 Jahren betrifft, waren die Gespräche mit Altweihbischof Grave und dem Architekten dieses Projekts, Roman Reiser, besonders wichtig. Die Tatsache, dass die Pfarrkirche St. Marien jede Woche aufs Neue zu den Gottesdiensten so gut besucht ist, zeigt, dass die Mönche Meister der Inszenierung von Sonn- und Feiertagen sind.

Der Film kann im Klosterladen des Zisterzienser-Klosters in Bochum Stiepel gekauft werden.

Lunchtime – Thomas Fischer spielt Petr Eben

Länge: 9 Minuten

Während meiner Dreharbeiten über die Wallfahrtskirche St. Marien und das Zisterzienser Kloster in Bochum Stiepel lernte ich Thomas Fischer, den Organisten der St. Marien Kirche kennen. Ich begleitete Thomas Fischer mit der Kamera zu einem Konzert im Audimax der Ruhr-Universität Bochum. In diesem kurzen Film spielt er „A Festive Voluntary“ von Petr Eben (1929-2007).

Requiem für eine Kirche

Länge: 50 Minuten

Der Film „Requiem für eine Kirche“ erzählt hemmungslos, dass es eine emotionale Katastrophe ist, eine Kirche abzureißen – einerseits. Andererseits: Wie lange muss die Gemeinschaft den Erhalt eines solchen Baus finanzieren, der anscheinend nur noch von einer Minderheit gewollt wird. Der Film gibt letzte Eindrücke von den Baulichkeiten des Klosters und begleitet auf beeindruckende Weise den Abriss von Kirche, Kloster und Turm.

Jedem Ende wohnt ein Anfang inne

Länge: 50 Minuten

Der Bau des St. Joseph-Stift in Bochum: Der Film „Jedem Ende wohnt ein Anfang inne“ begleitet den Bau des Heims auf dem alten Klostergelände und stellt am Ende das fertiggestellte Joseph-Stift kurz vor. In Interviews wird die Entscheidung der Redemptoristen, die Motivation des St. Joseph-Stift e.V. und die architektonische Umsetzung durch die Architekten verdeutlicht.